Der Wellen tosen über Land.
Des Windes zerren am Gewand.
Dies spürtest du in jener Nacht,
In der du dich davongemacht.
Und wie ein Dieb, so leis und still,
Mit Herzensklopfen im Gefühl
Da flüchtest du durch Wald und Wellen:
Zum Wasser, wo die Nebel quellen.
Da wo die Liebe dich geweckt
Als du aus Träumen aufgeschreckt.
Ein Meermann, wellengrau und schön-
Du hattest solch noch nie geseh’n.
Er sprach „Mein Lieb, so folge mir
Zu meinem Land, blau wie Saphir.
Wo Fische tanzen, Wellen singen,
Wo Nixen durch das Wasser springen.“
Sein schönes Lied betörte dich,
Versetzte deinem Herz den Stich-
Nie mehr sollt’ es anders sein,
So willigtest dem Bund du ein.
Und still und leis und ohne Ton
Zum Wasser, oh, er wartet schon!
In einem Schiff, kristall’n und schön,
Du kannst die Pracht wohl kaum versteh’n.
Als Wellentosen dich umringt,
Der Meermann dir ein Liedlein singt.
Und während Herz und Seele fahren
Dem Körper wird’s die Reis’ ersparen.
Denn nur dein Geist, der geht ins Meer,
Zu lieben Lande nimmermehr-
In Wasser, blau und grün und klar,
Da ist das Leben wunderbar!
Und ewig glücklich dort am Grunde
Denkst du an Heimat keine Stunde,
Verlebst so glücklich Jahr um Jahr-
Oh, warum nicht immerdar?
Dein Leib derweil, der wird betrauert.
Und auch dein Tod, der wird bedauert,
Denn für die Welt bist du gestorben:
Ans Meer gegeben voller Sorgen...
(23.07.2004)
gewidmet Constanze Krätsch
Tja, wieder ein gewidmetes Gedicht... Um genauer zu sein auch wieder ein Geburtstagsgeschenk für Constanze...
Was kann man dazu groß sagen? Die Geschichte hat eine gewisse Ähnlichkeit mit "Graues Meer" (zu finden auf der verlinkten Seite von Aurelie, welche Sektion es war weiß ich spontan nicht mehr genau)...
Dazu kommt auch eine Vergleichbarkeit mit keltischen Mythen, die man bei mir doch sehr häufig findet...
Im Endeffekt geht es um eine junge Frau, die ertrinkt. Jedenfalls ist es das, was ihre Freunde und Angehörigen glauben. Tatsächlich hat sie einfach den Körper abgestreift, um diesem Meermann zu folgen und sich in eine neue Welt zu begeben... Es spiegelt recht gut meine Sicht vom Tod wider... Der menschliche Körper kann unter Wasser nicht leben, dem Geist hingegen ist das ziemlich egal und dieses neue Leben erschließt sich frei vom alten...
Interessant zu sagen ist vielleicht auch, dass es das einzige Gedicht sein dürfte, in dem Wasser ein Hauptmotiv darstellt- sonst halte ich mich davon ja immer fern.
Aber ein gelungenes Geschenk war es allemal, was mich natürlich am meisten freut *lächelt*
Myr, Windwanderer
Myr - 11. Mai, 16:48