29
Apr
2005

Wintertraum

Eis durchdringt mir Leib und Knochen,
Gefroren hier bin ich seit Wochen.
Blau sind die Lippen, erstarrt das Blut,
Kalt die Gebeine, kalt meine Wut.

Kalt sind die Augen, gefroren das Herz.
Seit ewigen Zeiten gefangen in Schmerz.
Schneeweiß, so sind mir auch die Haare-
Denn ich lieg hier schon tausend Jahre.

Doch regt sich Leben mir im Leibe
Auf das ich wieder Spiele treibe.
Schon blitzt der Hass in meinem Sinn-
Es zieht mich zu den Wäldern hin.

„Ihr Kinderlein kommet“, so hallt der Gesang,
Schon blitzen die Fänge, wie Dolche so lang.
Klein sind die Menschen mit Wärme und Glut
Und schon ist der Schnee gefärbt von Blut.

Der Frost mein Gefährte, der Tod mein Kumpan,
Die Nacht mir der Mantel, so leg’ ich ihn an.
Die Kinder war’n herzlich, die Kinder so lieb-
Sie fielen zu Boden schon nach einem Hieb.

Eis sind meine Augen, mein Blick ist wie Schnee:
Durchdringend und ächtend wohin ich auch seh’.
Mein Haar ist der Rauhreif von Baum und von Strauch,
Meine Klauen Eiszapfen, so will es der Brauch.

Sie nennen mich Monster, ein grässliches Biest
Doch haben sie mir meine Träume vermiest.
Mein Schlaf währte ewig, so sollte es sein-
Ein Zauber der Menschen, der sperrte mich ein.

Ich brachte die Kälte, ich brachte den Tod.
Ich brachte den Menschen wohl bittere Not.
Verflucht und verteufelt, mit Zauber gebannt,
So setzten die Menschen die Kälte in Brand.

Ein eisiges Feuer, es loht tief in mir,
So seh’ ich, oh Menschlein, ein Opfer in dir.
Die Klauen, sie zischen durch frostige Luft,
Zerfetzen die Beute- nie gab es die Flucht.

Und als sie dich treffen, dein Blut ist erstarrt.
Gefroren, verloren- dein Körper wird hart.
Mein Opfer zersplittert, mein Hunger gestillt-
So bin ich Nirunde, zum Töten gewillt.

Ich werde euch jagen, ihr seid mir verhasst,
Ihr rosigen Menschen, die ihr mich verlasst!
Verlasst mich in Kummer, verteufelt in Not,
Doch fragt man mich nimmer, warum ich bring’ Tod!

Vor ewigen Zeiten, da waren wir gleich,
Eine Rose, das war ich, so dornig und weich.
Doch ihr wolltet schmälern den Glanz und mein Licht,
So bracht’ ich euch Menschen das jüngste Gericht.

Das Land lag erfroren, getötet von mir
Und dennoch, sie lebten- die Menschen von hier.
Verfluchten mich sträflich, zerstört nun im Eis-
Jetzt werdet ihr zahlen der Schulden Preis.

Auf ewig so liegt sie, Nirunde von Frost
Und träumt Mordgedanken- ihr einziger Trost.
Nie soll sie erwachen, die Bestie aus Schnee
Die wir damals brachen im kältesten See...

(25.01.2004)

Der Wintertraum. Oder auch der Traum einer Eishexe... Die "Idee" für dieses "Gedicht" kam mir, als ich das Lied "Snow Beast" von Aurelie (der Link findet sich bei den Musikempfehlungen) sang... Wie es manches Mal passiert rief ich Dinge, die ich nicht unbedingt rufen wollte, auch wenn es letztenendes ein Gutes hatte...
Dieses Werk ist weniger ein Gedicht (oder auch nur mein Gedankengut), denn die tatsächlichen Träume dieser Eishexe... Nach einem andauernden Streit, der hier in der Gegend dafür sorgte, dass Schnee und Frühling in einem beständigen Wettstreit waren, konnte ich sie schließlich überzeugen, dass eine neue Eiszeit ihre Rache auch nicht besiegeln würde und das die Menschen, die für ihre Einkerkerung verantwortlich waren, schon lange nicht mehr sind...

Hierbei könnte man "Der Fluch" von Aurelie anmerken... Das Lied weißt, im Zusammenhang mit "Snow Beast" und diesem Wintertraum gewisse Ähnlichkeiten auf, auch wenn sie selbst sagt, dass sie an dem Fluch keinen Anteil hat, das aber schön wäre *lächelt*

So bitte ich den Leser, keinen Zorn gegen jene Eisfrau zu hegen, denn inzwischen zähle ich sie zu den Wesen, die ich sehr respektiere und Zorn hat sie wahrlich nicht verdient...

So möget ihr euch selbst Gedanken zu diesem Thema machen... *zwinkert*

Myr, Windwanderer

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Sturmkrähe - 29. Apr, 17:26

...die Krähe ist schier sprachlos...

...angesichts dieser bewegenden Worte und sagt nur still und leise...danke...

*krächzend davonflattert*

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